Liebe Eltern, liebe Großeltern, liebe Leserinnen und Leser,
in den vergangenen Wochen waren Familien mit Kita-Kindern gleich mehrfach von Streiks betroffen. „Diese Einrichtung bleibt geschlossen, eine Notbetreuung ist nicht vorgesehen“ hieß es knapp. Die Streiks fanden an einem Dienstag und zwei Montagen statt. Erfahren hatten die Familien davon Freitagnachmittag. So kurzfristig seine Arbeitgeber über die mangelnde Betreuung zu informieren und sich um eine Lösung zu bemühen, war für viele Eltern eine Herausforderung. Für etliche, denen das möglich war, hieß das erneut, dass sie Homeoffice und Kinderbetreuung unter einen Hut bringen müssen.
Jetzt liegt es nun mal in der Natur der Sache, dass Streiks erst einmal Betroffenen wehtun – also Kunden etwa. Das wissen auch Eltern. Und die Forderungen – eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Maßnahmen gegen Fachkräftemangel und die finanzielle Anerkennung der Arbeit – unterstützen sie durchaus auch. Schließlich kommen sie am Ende ihren Kleinen zugute.
Aber: Wenn gestreikt wird, erwarten Eltern, die sich mal wieder zwischen Arbeit und Kinderbetreuung aufreiben, dass ordentlich gestreikt wird.
Ein kleiner Überblick in Zahlen: Am ersten Streiktag am 8. März nahmen in Dresden um die 400, in Leipzig 150 bis 200 und in Chemnitz um die 50 Erzieher und Erzieherinnen teil. Am 21. März fuhr die Gewerkschaft laut Angaben des Verdi-Bezirksgeschäftsführers für Leipzig und Nordsachsen mit 30 Beschäftigten aus Leipzig zum Verhandlungsort in Potsdam. „Wenn wir das nächste Mal zu einem richtigen Warnstreik aufrufen, dürfte die Beteiligung aber sehr groß sein", hieß es danach von eben jenem Bezirksgeschäftsführer. Am dritten Streiktag, vergangenen Montag, trafen sich nun also Streikteilnehmer zu einer Kundgebung im Garten des Volkshauses. Joa. Das war dann wohl die sehr große Beteiligung?
Da fragen sich manche Eltern ernsthaft, ob das nicht vielleicht doch ein Witz war. Schließlich ist hier von 11 Kitas, 30 Horten und 2 Betreuungsangeboten zur Lernförderung die Rede, die bestreikt wurden. Sicher: Man kann das Personal nicht zwingen, am Streik teilzunehmen. Aber die Frage, was stattdessen gemacht wurde, wenn die Einrichtung geschlossen war, dürfte erlaubt sein. Schließlich ist die Zahl der in diesen Einrichtungen arbeitenden Erzieher und Erzieherinnen um einiges größer. Und was ein Treffen einzelner Kleingruppen bewirken soll, wo Eltern sich vielmehr ein lautes Kollektiv am Regierungssitz in Dresden oder am Verhandlungsort in Potsdam wünschen, ist auch fraglich.
Dem morgigen Freitag sehen manche Eltern mit bangem Blick entgegen. Ob wieder kurzfristig Streik angekündigt wird? Erzieher und Erzieherinnen wünschen sich, dass man ihren Forderungen entspricht. Das wünschen sich auch Eltern. Was aus diesen Wünschen wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt niemand sagen.
Herzlichst
Ihre Patricia Liebling
Redakteurin LVZ Familie